Historisches

Wer mehr über die Geschichte unseres Dorfes erfahren will, sollte sich einmal das Dorfarchiv im Kirchturm anschauen. Gerne werden dort noch historisch interessierte Mitstreiter gesucht.

Ergebnisse eifriger und fundierter Recherchen finden sich zukünftig in der Rubrik Historisches auf unserer Homepage. Regelmäßig werden hier neue Artikel eingestellt. 

Die evangelische Gemeinde in Erkelenz kann im Unterschiede von den evangelischen Gemeinden in ihrer näheren Umgebung nicht auf eine lange Geschichte zurückblicken. In Lövenich gehen die Anfänge der reformatorischen Bewegung bis in das 7. Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts zurück: schon 1680 konnten die dortigen nie sehr zahlreichen Evangelischen ihre kleine Diasporakirche bauen.

In Hückelhoven bildete sich im 2. und 3. Jahrzehnt desselben Jahrhunderts unter dem Schutze des Drosten Werner von Palandt in Wassenberg und des Heinrich von Olmissen auf Haus Hall bei Ratheim ein Herd der neuen Lehre. In Wassenberg, dem Hauptsitz der „täuferischnen Bewegung“, geht die evangelische Sache gar bis zum Jahre 1528 zurück, als Johann Klopreitz von Büderich als Flüchtling bei demselben Werner von Palandt auf der Burg Wassenberg Aufnahme fand. In Schwanenberg soll nach Rembert im Jahre 1557 durch den Herrn Quad von Wickrath die Reformation eingeführt worden sein, während nach einer in der Chronik der dortigen Gemeinde erhaltenen Sage zuerst ein Mönch des Franziskanerklosters zu Erkelenz den Pfarrer und Kaplan und viele Gemeindemitglieder bestimmt habe, das reformatorische Glaubensbekenntnis anzunehmen. Im Jahre 1612 waren allein im Herzogtum Jülich in 65 Städten und Dörfern evangelische Gemeinden, auf etwa 20 adligen Schlössern wurde Gottesdienst gehalten.

Frühe Reformatorische Bestrebungen konnten sich in Erkelenz nicht halten

Von Erkelenz wird, abgesehen von der erwähnten Kunde der Chronik, der Gemeinde Schwanenberg durch Redlich in der „Jülich-Bergischen Kirchenpolitik“ nur noch berichtet, daß im Jahre 1550 ein gewisser „Peter Wewer von Erkelenz“ in Kipshoven bei Beeck gewohnt und in Koerrenzig das Abendmahl unter beiderlei Gestalt empfangen habe. Recklinghausen erwähnt noch einen Heinrich Beckmann von Erkelenz, der 1584 Prediger in Lauscheid im Siegkreis war und vermutlich derselbe ist, der auf der Jülicher Synode zu Bedburg im Jahre 1582 examiniert und zum Prediger derer zu Merl, Kreis Rheinbach „konformiert“ wird. Es ist also anzunehmen, daß auch in Erkelenz in jener älteren Zeit reformatorische Bestrebungen sich zeigten, aber nicht halten konnten, da Erkelenz zu Geldern gehörte und Geldern wohl schon vor 1543 unter spanischem Druck stand.

Zuzug Auswärtiger belebt die Gemeinde

Bis zum Jahre 1901 haben dann die vereinzelten evangelischen Einwohner und Familien von Erkelenz, meist von auswärts zugezogene Beamte, später auch Offiziere und Unteroffiziere des Preußischen Bezirkskommandos, zur evangelischen Gemeinde von Schwanenberg gehört, besuchten dort den Gottesdienst und wurden auf dem dortigen evangelischen Friedhof begraben. Es ist immer eine kleine Schar gewesen. Eine langsame, aber stetige, wenn auch nie starke Vermehrung der Protestanten setzte sich erst durch, als in den Jahren nach der Gründung der „Internationalen Bohrgesellschaft" ihre kleine Gemeinde zahlreichen Zuwachs von außerhalb erhielt. Nachdem im Jahre 1899 die Zahl der Evangelischen auf etwa 200 gestiegen war, bildete sich ein „provisorischer Kirchenvorstand“, der nach den Satzungen, die er sich in seiner ersten Sitzung am 13. September 1899 gab, die Aufgabe übernahm, für die baldige Einrichtung eines evangelischen Gottesdienstes in Erkelenz und für den Erwerb oder den Bau einer zur Abhaltung des Gottesdienstes geeigneten Gebäude zu sorgen. Die Männer, die sich dieser Aufgabe unterzogen, waren: Gerichtsassessor Hans Wiesner, Straßenmeister Karl Schinke, Uhrmacher Hermann Kloster, Buchhalter Clemens Ebersbach und Zolleinnehmer Richard Hübner.

Der Bau der evangelischen Kirche in Erkelenz

Sie versuchten zunächst, das Gebäude des inzwischen nach Rheydt verlegten Bezirkskommandos zu bekommen, es gelang nicht des hohen Kaufpreises wegen. Sie leiteten Sammlungen unter den Gemeindemitgliedern ein und wandten sich nach auswärts, auch an den „Evangelischen Verein der Gustav-Adolf-Stiftung“ und kauften dann einen Bauplatz an der Ostpromenade und an der Brückstraße, der später mit dem Platz an der Hermann-Josef-Straße vertauscht wurde. In lebendigeren und stärkeren Fluß konnte die auf Bildung einer Gemeinde zielenden Bewegung erst kommen, als dann im Dezember 1899 der alte Pfarrer Keller in Lövenich starb und sein Nachfolger und Sohn, der Verfasser dieser kurzen Darstellung, sich zur Mitarbeit in Erkelenz bereit erklärte.

Jetzt entwickelte sich die Angelegenheit, auch mit Hilfe des Superintendenten D. Müller in Düren, den Wünschen der Evangelischen in Erkelenz entsprechend schnell und reibungslos. Der schon im November 1899 erörterte Plan einer „Umpfarrung“ der Erkelenzer von Schwanenberg nach Lövenich und der Bildung eines selbständigen Seelsorgebezirks wurde am 17. Juni 1900 von den Vertretern der Gemeinde Lövenich angenommen, am 17. Juli 1901 vom Minister genehmigt und laut Urkunde vom 18. August 1901 vollzogen. Am 5. Januar 1902 wurde der eigene evangelische Friedhof an der Oeratherstraße, den die Stadt schon vor längerer Zeit eingerichtet hatte, eingeweiht. Am 9. November 1902 wurde unter großer Beteiligung aus nah und fern, auch der katholischen Mitbürger, der Grundstein der evangelischen Kirche gelegt, woran sich zwei große Feiern in den Sälen der Stadt anschlossen. Der nach dem Plan des Architekten Wilhelm Maach aus Rheydt ausgeführte und von ihm selbst geleitete Bau ging glatt vonstatten und kostete 42.000 Mark. Am 6. Januar 1904 folgte die Einweihung der Kirche durch den Generalsuperintendenten D. Umbruck aus Koblenz. Er legte seiner Weiherede das Bibelwort aus dem Propheten Jeremias Kapitel 5, Vers 3 zugrunde: „Herr, deine Augen sehen nach dem Glauben“, welches die Kaiserin Auguste Viktoria eigenhändig in die von ihr geschenkte Altarbibel geschrieben hat.

Entwicklung der Gemeinde bis zum Jahr 1926

Aus den nun folgenden Jahren, in denen die immer noch kleine Diasporagemeinde sich selbständig entwickeln konnte, ist nun folgendes noch zu erwähnen: die Zahl der Gemeindemitglieder wurde bei der Volkszählung 1910 auf 365 Seelen festgestellt, bei der Volkszählung 1925 auf 422 Seelen. Am 6. Januar 1914 wurde das zehnjährige Jubiläum der Kirche gefeiert. Im Weltkrieg sind 11 Männer der Gemeinde den Heldentod für das deutsche Vaterland gestorben. Während desselben wurde die Gemeinde fast drei Jahre lang von Schwanenberg aus bedient, da der Pfarrer zum Kriegsdienst in der deutsch-evangelischen Diaspora in Rußland einberufen wurde. Eine der beiden Glocken der Kirche mußte 1917 abgeliefert werden. Im Jahre 1924 konnte als Geschenk der Firma Alfred Wirth eine neue Glocke in erhebender Feier eingeweiht werden. Der Nachmittag des Einweihungstages vereinigte die Gemeinde Erkelenz mit der ebenfalls Glockenweihe feiernde Gemeinde Lövenich dort zu einem großen Gemeindefest.

Das Jahr 1925 brachte der Gemeinde die eigene Volksschule. Der Wunsch nach einer solchen bestand schon lange. Mehrfach im Laufe der Jahre gestellte Anträge auf Errichtung derselben führten nicht zum Ziel. Jetzt war der Gemeinde durch größtes Entgegenkommen der Stadt und der Regierung in Aachen der Erfolg beschieden. Am 1. Oktober 1925 konnte sie, vorläufig im Konfirmandensaal, der an die Kirche angebaut ist, eröffnet und der erste Lehrer, Walter Ebersbach, ein Sohn der Gemeinde, der 13 Jahre lang als Lehrer der evangelischen Schule in Diersfordt bei Wesel tätig war, eingeführt werden. Er wurde zugleich der erste Organist der evangelischen Kirche Erkelenz, nachdem das Amt eines solchen lange Jahre von dem Lehrer aus Lövenich und von freiwilligen Kräften der Gemeinde ausgeübt worden war.

So hat die evangelische Gemeinde Erkelenz, die eigentlich, wie erwähnt, keine Gemeinde, sondern nur ein selbständiger Seelsorgebezirk der evangelischen Gemeinde Lövenich ist, im Laufe von 25 Jahren alles erreicht, was zu ihrem äußeren Ausbau nötig ist, nur nicht den eigenen Pfarrer. Sie ist Filialgemeinde und wird es, wenn nicht andere, bessere Zeiten erhebliche Vermehrung bringen, für unabsehbare Zeit bleiben. Der verdienstvolle „Kirchmeister“ der Gemeinde, Amtsgerichtsrat Wiesner, waltete dieses Amtes fast 25 Jahre in Treue und zum Dank der Gemeinde. Sein Name wird mit der evangelischen Gemeinde Erkelenz verknüpft bleiben.

Gott aber wolle ihr zum äußerlichen Ausbau den inneren Aufbau schenken, daß sein Reich und das Reich Jesu Christi in ihr und durch sie gebaut werde im Sinne des Bibelwortes aus der Apostelgeschichte Kapitel 4, Vers 12, das auf der mit in den Grundstein der Kirche eingemauerte Urkunde geschrieben ist: „Es ist in keinem anderen Heil, ist auch kein anderer Same unter dem Himmel den Menschen gegeben, darin sie sollen selig werden.“

Quelle: Pfarrer Hans Keller zu Lövenich, entnommen der "Geschichte der Stadt Erkelenz" aus Anlaß der 600-Jahr-Feier im Auftrage der Stadtverwaltung aus dem Jahre 1926, erschienen im Verlag Herle