Bis zum Jahr 1939 wurden in Hetzerath 52 Häuser gebaut, in denen rund 300 Menschen wohnten. Ihren Lebensunterhalt bestritten sie hauptsächlich durch die Landwirtschaft. Eine oder mehrere Kühe und etwas Landwirtschaft besaß wohl jeder Haushalt. Dazu übten diejenigen, die hiervon nicht leben konnten, handwerkliche Berufe wie Korbmacher, Holzschuhmacher, Leinenweber, Bauhandwerker oder Tagelöhner aus. Auf dem Webstuhl zu Leinen verarbeitet wurde der selbst angebaute Flachs, der in den nahe gelegenen Maaren gewässert wurde.
Im Jahre 1938 wurde auf Initiative der Deutschen Arbeitsfront geplant, Bergleuten der Zeche Sophia Jacoba in Hückelhoven die Möglichkeit zu bieten, sich in den Straßen Auf der Heide, Am Pötzel und An der Elsmaar, wo reines Ödland war, anzusiedeln. Die Firma Meurer aus Hückelhoven baute die Häuser, und schon im Juni 1939 konnten die ersten Bergleute in ihr neues Heim einziehen. Eine neue Schule und 66 Eigenheime wurden bis 1949 fertiggestellt. Die Rheinische Heimstätte ermöglichte 1949/50 zehn und 1952/53 weiteren neunzehn Bergleuten in Hetzerath eine neue Heimat zu finden.
Durch die Aachener Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft wurden 1962/63 An der Sandgrube elf Eigenheime gebaut. Das Stiftungsland stellte die katholische Kirchengemeinde St. Josef Hetzerath im Tausch zur Verfügung. In den Jahren 1958/60 und 1967/68 wurden durch das Landeskulturamt Mönchengladbach, Abteilung für vertriebene Landwirte, zwölf bzw. neunundzwanzig Eigenheime Am Spießhof und in der Wiesenstraße gebaut. Auswärtigen Besuchern gefiel Hetzerath so gut, daß nach Auslegung des Neubaugebietes Am Kammerbusch zahlreiche Bauwillige sich dort ansiedelten und Hetzerath nicht zuletzt deshalb zu einem der schönsten Orte im Erkelenzer Land machten.
Natürlich blieb auch Hetzerath von Kriegen und anderen Schicksalsschlägen nicht verschont. Erste Verlautbarungen hierüber stammen aus dem 30-jährigen Krieg. Im Jahre 1814, als Feldmarschall Blücher nach der Niederlage der Truppen Napoleons, mit verbündeten Russen in das linksrheinische Gebiet einrückten, erschienen auch in unserer Region die Kosaken. Vor denen, und aus Furcht vor bevorstehendem Kriegsgetümmel, floh der größte Teil der Bewohner mit seinem Vieh in die nahe gelegenen Wälder. Ein Fliehender aus Granterath wurde erschossen. Im Jahre 1835 starben von Pfingsten bis August 60 Menschen an den verschiedensten Seuchen. Aus dem Krieg 1870/71 sind wahrscheinlich zwei Soldaten nicht heimgekehrt. Aus dem 1. Weltkrieg 1914/18 kamen zehn junge Männer nicht wieder. Der 2. Weltkrieg 1939/45 bescherte einen besonders traurigen Rekord; 30 Gefallene und Vermißte blieben für immer der Heimat fern. Die Schrecken des 2. Weltkrieges machten auch vor der Zivilbevölkerung nicht halt. Im Mai 1944 begann durch die Evakuierung der noch Verbliebenen ein großer Leidensweg, der durch die Rückkehr im folgenden Jahr noch übertroffen wurde.
Hetzerath war ab Mai 1944 ein Jahr lang ein Sammellager für ehemalige russische und polnische Zwangsarbeiter. Diese kamen nach und nach in Hetzerath an und nahmen Besitz von Häusern und Wohnungen auf ihre Weise. Im Laufe der Zeit mehrten sich die Ankommenden, bis sie die Zahl von ca. 7.000 erreichten. Frauen, Männer und Kinder führten hier ein Dasein, dessen Wildheit und Primitivität von den amerikanischen Bewachern nicht kontrolliert und schon gar nicht gebändigt werden konnte. Am 10. Mai 1945 wurde das Lager Hetzerath von diesen Vandalen befreit. Der Landrat Schiefer, der als erster das Recht hatte, Hetzerath zu besichtigen schreibt: "Ich hatte das Recht , als erster Hetzerath am 10. Mai 1945 zu besichtigen, was ich dort sah, übertraf jede Erwartung. Ein wüstes Durcheinander von stinkendem Abfall und Müll. Fachwerkhäuser waren abgerissen, das Holz als Brennmaterial verwendet. Die Kirche ausgeraubt, Holzaltäre, Kirchenbänke und Orgelbühne ebenfalls verheizt. Tags darauf übernahm ich das Dorf von der Militärregierung und ließ es entseuchen." Es vergingen noch einige Tage bis die heimkehrenden Menschen, die sich schon in den Nachbarorten aufhielten, wieder in ihre geliebte Heimat zurückkehren konnten.
Durch den raschen Einwohnerzuwachs in den Nachkriegsjahren, wurde die alte Kirche zu eng. Im Jahre 1953 konnte unter Anteilnahme des ganzen Dorfes die neue, viel größere Kirche eingeweiht und der katholischen Bevölkerung übergeben werden. Im Jahre 1972 fand die Kommunale Neugliederung/Gebietsreform NRW in Hetzerath auf Basis des Aachen-Gesetzes statt, bei der die Ortschaften Granterath und Hetzerath, die bis zu der Zeit einen gemeinsamen Gemeinderat hatten, getrennt und der Stadt Erkelenz als Ortsteile zugeteilt. Seit dem 14. August 1980 steht der Jugend ein schmuckes Jugendheim zur Verfügung, von dessen Gemütlichkeit und Großzügigkeit auch die Hetzerather Vereine, aber auch die ältere Generation zu den verschiedensten Anlässen regen Gebrauch macht. Die Hetzerather Mehrzweckhalle wurde 1978/79 und die Kläranlage in 1980 errichtet. Zur Zeit sind in Hetzerath ca. 1.200 Menschen wohnhaft, es sind 8 Vereine und zwei politische Parteien zur eigenen Freude - aber auch zum Wohle der Mitbürger - tätig.
Quelle: Dieter Mickels | Festschrift "50 Jahre Interessengemeinschaft Hetzerath 1939-1989, Herbstkirmes September 1989"