Wer mehr über die Geschichte unseres Dorfes erfahren will, sollte sich einmal das Dorfarchiv im Kirchturm anschauen. Gerne werden dort noch historisch interessierte Mitstreiter gesucht.

Ergebnisse eifriger und fundierter Recherchen finden sich zukünftig in der Rubrik Historisches auf unserer Homepage. Regelmäßig werden hier neue Artikel eingestellt. 

Starten wir die Zeitreise im Jahr 1807 mit einem Auszug aus der topographischen Aufnahme rheinischer Gebiete durch Tranchot 1803-1813 und Freiherr von Müffing 1816-1820. In Hetzerath siedelten die Höfe und Häuser zu jener Zeit entlang der heute bekannten Straßenzüge Feldstraße, Rurtalstraße, Peter-Holzmann-Straße bis hin zur Hatzurodestraße.

Gut zu erkennen sind der Spießhof, der Kühlerhof, der ehemalige Loherhof sowie die Verbindungswege zum Haus Hohenbusch und zu unserer unmittelbaren Nachbarschaft Doverhahn mit Mühlenteich, Doveren, Granterath und Baal. Die ursprüngliche Siedlungsform überdauerte gut 100 Jahre bis ins 20. Jahrhundert hinein ohne wesentliche Veränderungen im baulichen Bestand. Dies zeigt der auf das Jahr 1903 datierte Kartenauszug aus dem Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Der zwischen Hetzerath und Doverhahn 1815 erbaute Marienhof ist ebenfalls gut zu erkennen. 

Zu dieser Zeit war die ursprüngliche Dorfstraße aus geologischen Gründen nur einseitig nach Süden bebaut. Darum sagte man: „Enn Hetzere wött dat Bruet nur op een Sied jebacke." Auf der nördlichen Seite waren Gräben zur Entwässerung und die für die Flachsverarbeitung nötigen Flachsbleichen, Wassertümpel bis zu einer Größe von 8 mal 10 Meter, denn Weber und Korbmacher waren bis in die frühen Jahre des 20. Jahrhunderts im Ort tätig. Die Flachsteiche wurden auch als Löschteiche zur Brandbekämpfung benutzt. Der Straßenname Leinröste, eine Neuansiedlung nahe dem ehemaligen „Pesche-Kull“, zeugt noch heute von diesem ehemaligen Traditionshandwerk als eine wichtige Einnahmequelle der damaligen Einwohner.

Die Flachsbleichen wurden von den Kindern in kalten Wintern als Eisbahn oder als Schlittenkarussell benutzt. Hierfür wurde in der Teichmitte ein Pfahl im Herbst eingeschlagen. Wenn sich dann eine tragfähige Eisschicht gebildet hatte, wurde das schlaufenförmige Ende des Schlittenseils um den Pfahl gelegt, ein oder mehrere Kinder saßen auf dem Schlitten und andere schoben ihn an. So schleuderte der Schlitten um den Pfahl wie im Karussell. Von den "alten Hetzerathern" wird auch berichtet, dass die größte Flachsbeiche, die da war, wo heute die Pötzelstraße ist, den Kindern und Jugendlichen im Sommer als Schwimmbad diente. Nur der Ausstieg war schwierig, da der Lehmboden bei den nassen Füßen wie Schmierseife reagierte.

 

Der ursprüngliche Straßendorf-Charakter wandelte sich einschneidend mit dem Abbau von Anthrazit-Steinkohle auf der Zeche Sophia-Jacoba ab den 1910er Jahren. Ab 1914 wurde zunächst mit nur 8 Bergmännern die erste Anthrazitkohle gefördert. 1926 war die Belegschaft bereits auf 2.161 Mitarbeiter angewachsen, 1933 gar auf 3.395 und seit 1939 gibt es eine Bergkapelle, die bis heute probt und ihre Auftritte hat. Es entstanden mit der Ära des Kohleabbaus zahlreiche Arbeiterkolonien in der Umgebung von Ratheim und Hückelhoven. So auch in Hetzerath, hier wurde in der sogenannten Bergarbeitersiedlung ab 1938 Wohnraum für die Bergarbeiterfamilien geschaffen.

Auf provisorisch angelegten Straßen, die mit Schutt und Reisig angefüllt wurden, rollte das Baumaterial heran. Es wurde zügig gebaut, und bereits im Juni 1939 konnten die ersten Bergleute ihr Siedlungshaus beziehen. Auch wenn dies lange her ist, rührt daher bis heute unsere besondere Verbundenheit mit den Kumpels und ihren Leistungen. Die Bergarbeiter haben sich 1939 mit der Gründung der ehemaligen Siedlergemeinschaft und der daraus bis heute aktiven Interessensgemeinschaft Hetzerath zusammengeschlossen. Am 27. März 1997 wurde die letzte Kohle gefördert und am 30. Juni 1997 die Zeche stillgelegt. Der Förderverein Schacht 3 kümmert sich bis heute um den Erhalt und die Nutzung des Schachtes als Symbol der Bergmannsgeschichte rund um Hückelhoven und seiner Umgebung sowie um die Pflege bergmännischer Tradition. 

Die Luftaufnahmen aus dem Jahr 1944 zeigen die Bergarbeitersiedlung auf dem damaligen Ödland (Pötzelstraße, Schroofstraße, An der Elsmaar, Heideweg) außerhalb des historischen Dorfkerns. 

 

Die nachfolgenden Kartenauszüge aus den Jahren 1945 und 1953 verdeutlichen auch, dass sich der alte Dorfkern bis in die 1950er Jahre kaum verändert hat. Im Wesentlichen zeigen sich gegenüber 1807 Verdichtungen entlang der historischen Dorfstraßen sowie die Herausbildung des heutigen Carrees Houverather Straße/An der Elsmaar/Hatzurodestraße und ein erstes Wohnhaus an der Houverather Straße. Zwischen der ersten Aufnahme und der aktuellen Google-Sicht vom 9. August 2016 sind nunmehr gut 200 Jahre vergangen. Die Flurbereinigungen ab den 1950er Jahren haben die Perspektive auf die umliegenden landwirtschaftlichen Flächen und Wege deutlich verändert. Hetzerath hat sich mit der ersten Ansiedlung der Bergarbeiterfamilien und dem Zuzug vieler neuer Familien nach dem 2. Weltkrieg von einem ehemaligen Straßendorf hin zu einem organisch gewachsenen Dorf entwickeln können. Dahinter stecken viele Geschichten. Neue Baugebiete (Weiße Siedlung, Leinröste, Am Schlehenbusch) und Straßenzüge wie der langgezogene Kammerbusch oder die Weidenstraße sowie weitere Verdichtungen in der Bergmannssiedlung und entlang der Feldstraße, Rurtalstraße und Hohenbuscher Straße prägen das heutige Ortsbild.

 

Zurück zum Jahr 1454, hier wurde der Ort als Hetzelroide erwähnt, danach 1554 als Hetzenraidt. Der Ursprung unseres Dorfes geht zurück bis ins Jahr 1148, davon zeugt eine erste urkundliche Erwähnung sowie der Stein am Ortseingang Hetzerath/Doveren. Seitdem haben etliche Generationen hier ihre Heimat gefunden. Das Archiv der Interessensgemeinschaft Hetzerath hat noch mehr Geschichtliches aus unserem Dorf mit seinen Menschen zu bieten. Ein Besuch lohnt sich.

Heute schreiben wir das Jahr 2018. Unser Dorf besteht seit nunmehr 870 Jahren, ein rundes Jubiläum. Es wird bald mit dem Neubaugebiet Im Peschfeld/Am Kammerbusch nochmals wachsen und neue Bewohner begrüßen dürfen. Und wer weiß, vielleicht erleben wir noch eine gemeinsame Jahrfeier in Hetzerath, wohlwissend unserer Historie und Herkunft aber auch mit Blick nach vorne nach dem Motto „Unser Dorf gemeinsam gestalten".