Naja, vielleicht ist das „on Tour" ein wenig übertrieben, wenn man bei dieser modernen Redewendung an Ereignisse denkt, wie eine Städtereise in unsere Hauptstadt Berlin, oder zu einem bekannten Musikfestival nach Wacken, geschweige an eine Shoppingreise nach New York. Nein, weit gefehlt, dieses mal „tourte" die Interessengemeinschaft Hetzerath nach ... Wassenberg!

Treffpunkt zu dieser Reise durch das historische kleine Städtchen war am 07. Juli 2018 pünktlich um 14.00 Uhr an dem aus dem 14. Jahrhundert stammenden Roßtor, in mitten der Stadt. Hier trafen wir unseren Stadtführer Herrn Bienen, er hat verwandtschaftliche Beziehungen nach Hetzerath. Nach einer kurzen Vorstellung tauchten wir sofort in die wechselvolle Geschichte der kleinen Stadt ein, lernten die zahlreichen Besitzer und Lehnsherrn kennen und erfuhren, dass in drei Jahren Geburtstag gefeiert wird: Wassenberg wird dann 1000 Jahre alt; ein "stadtliches", nein ein stattliches Alter! Dies belegt eine Urkunde aus dem Jahr 1021.

Unser Heimatort gehörte früher übrigens auch zum Dekanat Wassenberg. Ein Dekanat ist kirchlicher Verwaltungsbereich, bestehend aus etwa zehn Pfarreien. Hetzerath war damals eine eigene Pfarrei, später gehörte es zur Pfarre Doveren, jetzt heißt sie im Verbund mit anderen Pfarreien Christkönig Erkelenz. Doch zurück nach Wassenberg. Über den Roßtorplatz gelangten wir zur Münzstätte. In einem kleinen, unscheinbaren Haus wurden ebenfalls im 14. Jahrhundert sogenannte „Turnosen" und „Brabanter", Wassenberger Münzen, geschlagen. Einige wenige haben bis heute überlebt, und sind in in- und ausländischen Museen zu besichtigen. Heute erinnert eine Bronzetafel gegenüber der ehemaligen Münzstätte daran.

Übrigens sind über die gesamte Stadt zahlreiche Tafeln mit Erklärungen zu den wichtigsten historischen Stätten aufgestellt, so dass man für einen Stadtrundgang, der auch beschildert ist, nicht unbedingt einen Stadtführer braucht. Allerdings macht es mit ihm mit Sicherheit viel mehr Spaß, wusste Herr Bienen doch zu allem eine kleine Anekdote zu erzählen. Als wir die Roermonder Straße kreuzten, kamen wir zu der Anlage, wo früher eine Synagoge stand. Sie fiel den Nazis zum Opfer, wie so viele andere. Der Grundriss und einige Hinweistafeln erinnern hier an ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte. Nicht weit davon entfernt steht eine evangelische Hofkirche. Sie ist nur vom Hinterhof zu sehen und wurde 1652 erbaut. Vorne von der Roermonder Straße, ist sie praktisch nicht zu erkennen. Lediglich ein Hinweisschild ist am Eingang angebracht. Wir konnten die schlicht gehaltene Kirche auch von innen besichtigen, dank unseres Stadtführers.

 

Weiter ging es quer durch die Stadt. An der markanten Abbiegung der Roermonder Straße in die Kirchstraße (B 221) erfuhren wir, dass die Stadtmauer eine Gesamtlänge von 1,2 km hatte, und drei Tore (Birgelener-, Roß- und Brühltor) und einige Wehrtürme zu ihr gehörten. Im 15. Jahrhundert hatte Wassenberg ca. 1000 Einwohner und ... 52 Brauereien! Eine Wassenberger Bierkanne fasste damals ca. 10 Liter Gerstensaft. Ein entsprechend großes Hinweisschild ist an der Einmündung angebracht. Der nächste Halt war am alten Feuerwehrhaus und am rekonstruierten Verlorenenturm. Hier wurden früher die zum Tode Verurteilten, die sogenannten „Verlorenen“, untergebracht. Die Position dieses Gefängnisses war wohl gewählt: von hier aus hatten die Gefangenen einen Blick zum Galgenberg, nähe „Tante Lucie", wo sie ihr Leben lassen würden.

Entlang dem alten Bleichweiher gingen wir weiter zum Gondelweiher, den man bis heute mit Ruderkähnen befahren kann. Früher war dies ein Schwimmbad. Das heutige Cafe „Froschkönig" ist das ehemalige Haus des Badewärters. Entlang Teilen der alten Stadtmauer ging es weiter zum alten Wehrturm mit dem in Stein gemeißeltem Stadtwappen, Stadtauswärts rechts der B 221 gelegen. Früher hörte hier die Straße auf. Vorbei an der Basilika, sie wurde im zweiten Weltkrieg stark zerstört, spazierte die kleine Gruppe Hetzerather bei bestem Wetter zurück in Richtung des Roßtor. Dort angekommen, trennten wir uns von Herrn Bienen. Doch noch war der Nachmittag für uns nicht zu Ende. Auf uns wartete noch ein großes Eis oder eine Tasse Kaffee mit einem leckeren Stück Kuchen in einem Café. Erst von hier trennten sich unsere Wege, als die Fahrgemeinschaften wieder den Rückweg in unseren Heimatort antraten.

Auch wenn wir nicht allzu weit „on Tour" waren, so haben wir doch einen wunderschönen und interessanten Tag in einer Stadt verbracht, die nicht so weit entfernt liegt und durch die wir im Grunde immer nur durchfahren. Jetzt sehe ich sie aber mit anderen Augen!