Mit der Erschließung des Geländes, auf dem die heutige Hetzerather Siedlung steht, wurde im Jahre 1938 begonnen. Dieses Gelände war weder Wald noch Weide. Es war Ödland im wahrsten Sinne des Wortes. Ein von zahllosen Gräben zerrissenes total versumpftes Stück Erde, das einen trostlosen Anblick bot.

Seit Jahrhunderten hatte sich niemand Gedanken darüber gemacht, dieses Stück Wildnis urbar zu machen. Die damalige Deutsche Arbeitsfront hatte den Einfall, hier Bergleute anzusiedeln. Im Jahre 1938 wurde dieses Vorhaben in die Tat umgesetzt. Die Firma Meurer aus Hückelhoven wurde mit dem Bau der Häuser beauftragt. Auf provisorisch angelegten Straßen, die mit Schutt und Reisig angefüllt wurden, rollte das Baumaterial heran. Es wurde zügig gebaut, und bereits im Juni 1939 konnten die ersten Bergleute ihr Siedlungshaus beziehen. Bis Ende des Jahres 1939 waren sämtliche Häuser des ersten Bauabschnitts bezogen, und bis Ende des Jahres 1940 war auch der zweite Bauabschnitt fertiggestellt.

Die neuen Siedler hatten jetzt ein Haus, in dem sie wohnten und das später ihr Eigentum werden sollte, mit der Auflage, daß sie innerhalb von drei Jahren ihre Siedlungsfähigkeit unter Beweis stellen mußten. Aber um das Haus herum war eine Wildnis. Zuerst begannen die Siedler damit, einen Weg von der Haustür anzulegen. Diese Tür war bei Regebwetter nicht zu erreichen ohne knöcheltief durch zähen Schlamm zu waten. Nachdem dieses Werk in vielen mühevollen Feierabendstunden getan war, kam der Vorgarten an die Reihe. Auch hier hieß es wieder, den beim Bauen angefahreren Schutt, Reisigschanzen und alles mögliche Geröll aus dem Boden zu entfernen. All dies mußte weggekarrt werden, um die vorhandenen Gräben und Wasserlöcher zu füllen. Es waren harte, saure Wochen mit schwerster Arbeit vom Morgengrauen bis zum späten Aben, bis Männlein und Weiblein todmüde in die Betten sanken.

Dann galt es einen Garten zu schaffen. Das Unterholz wurde geschlagen und die Wurzelstöcke ausgegraben. Dornen und Disteln mußten mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden. Erst nachdem diese mühevolle Arbeit beendet war, konnte mit dem Roden des Bodens begonnen werden. Niemand konnte geschont werden, weder Frau noch Kinder. Wer kräftige Hände hatte, faßte den Spaten an. Selten wohl haben Frauen solch harte Arbeit geleistet wie in in diesem Winter. Den ganzen Winter über wurde bei jedem Wetter pausenlos gearbeitet. Hier zeigte sich, was Bergleute und ihre Familien zu leisten vermochten, als es galt, für sich und die Seinen ein Eigentum zu schaffen. Welcher Mut, Fleiß, Ehrgeiz und Ausdauer dazu gehörten, kann nur der ermessen, der unter ähnlichen Bedingungen den Grundstock zu einem Eigenheim geschaffen hatte.

Wohl verloren einige Siedler den Mut; sie kapitulierten vor den Opfern, die von ihnen verlangt wurden. Doch die überwiegende Mehrheit hielt durch. Endlich, im späten Frühjahr, war der zähe, undurchdringliche Kleiboden umgegraben., Eine weißgraue Fläche mit steinharten Schollen bot sich dem Beschauer. Voller Zweifel, ob dieser Boden jemals eine üppige Vegetation hervorbringen werde, starrten die Siedler auf ihren Garten. Selbst ortsansässigen Bauern schüttelten die Köpfe und gingen ihres Weges. Einige ließen ihre Zweifel laut werden und sagten: Op de Boom treckt ihr nie jet dropp. An dieser Stelle muß gesagt werden, daß die vom Bauherrn, also dem damaligen Deutschen Reich beauftragte Träger-Gesellschft, die Rheinische Heimstätte, den Siedlern bei der Verbesserung des Bodens hilfreich zur Seite stand. Sie stellte im ersten Jahr jeder Siedlerstelle 3 Ballen Torf und ´6 Sack Ätzkalk zur Verfügung. Außerdem wurden in jedem zukünftigen Garten 20 Spalierobstbäume und zwei Pflaumenbäume von einem damit beauftragten Gärtner gepflanzt, alles kostenlos. An beiden Seiten der Häuser wurden Sickerbrunnen bis auf den Grundwasserspiegel ausgehoben, um den Wasserabfluß zu regulieren.

Was aus diesem Boden in mühevoller Arbeit an großen finanziellen Opfern im Laufe der 25 Jahre geworden ist, kann heute jedermann sehen. Ein Meer von Blumen, blühenden Obstbäumen und Sträuchern, ein üppiger Garten, sind Lohn und Dank zugleich.

Quelle: Festschrift der Interessengemeinschaft Hetzerath "Siedlung Hetzerath 1939-1964 anlässlich 25jähriges Bestehen in Verbindung mit der Spätkirmes in Hetzerath"