Hetzerath

Unser Dorf stellt sich vor

„Ihr wollt euch eine Töle zulegen“, waren die Worte meines Chefs, als ich vor einigen Jahren den Grund für mehrere Wochen Urlaub nannte. Beim Hund gehen die Meinungen auseinander. Für die einen ist er Sozialpartner, bester vierbeiniger Freund der Familie, Helfer im Alltag. Für die anderen ist er ein lästiges Tier, dessen Kot Wege und Plätze verunreinigt und der an den Nerven zerrt, wenn die Ruhe im Haus oder Garten durch Bellen gestört wird.

Immer wieder kommt es dadurch zu Streit unter Menschen. Auch bei meinem Chef lebt ein Hund in der Nachbarschaft, der durch unablässiges Bellen die Feierabendruhe auf der Terrasse störte und damit den Töle-Begriff geformt hatte.

Schon vor Jahren war ein eigener Hund immer wieder Thema, aber die Lebensumstände passten noch nicht. Als Kind wurde der Wunsch nach einem Hund immer wieder geäußert. Meine Eltern waren berufstätig, einen Hund gab es nicht. „Ich kümmere mich um den Hund“, brachte auch nicht den erhofften Erfolg. Heute ist mir bewusst, die Entscheidung meiner Eltern war richtig, denn Erziehung und Verantwortung für einen Hund müssen Erwachsene übernehmen.  Ein Hund lebt oft 15 Jahre oder mehr, erfordert täglich einige Stunden Zeit und kostet im Laufe seines Lebens Geld, für das beispielsweise Urlaube oder die Anschaffung von PKW möglich wären.

Die Entscheidung für einen Hund stand fest. Die passende Rasse ergab eine Suche in der Literatur zu den Merkmalen der unterschiedlichen Hunderassen und der Besuch des Herbstmarkt bei Haus Hohenbusch. Es war faszinierend zu sehen, wie Border Collies Schafe über eine Wiese oder in ein Gatter trieben, aber wir hatten keine Schafe und auch keine vergleichbare „Hundearbeit“.

Als die für uns passende Rasse feststand, nahmen wir Kontakt zu einer Züchterin auf. Sie hatte aktuell keine Welpen, jedoch sprachen wir einen Termin zum gemeinsamen Spaziergang mit ihren ausgewachsenen Hunden ab. Hier erlebten wir die Tiere live und in Aktion. Nun wussten wir, diese Hunderasse und ihre Eigenschaften passte zu unseren Lebensgewohnheiten, wobei letztlich selbstverständlich jeder Hund glücklicherweise ein Unikat und individuell ist.

Welpen wurden erst in 6 Monaten erwartet. In dieser Zeit lasen wir Bücher über Hundeerziehung und suchten eine für uns wohl geeignete Hundeschule aus, indem wir bei Unterrichtsstunden in verschiedenen Hundeschulen anwesend waren. Die Unterrichtsarten, Termine und die menschliche Chemie sollten stimmen. Wie sich später herausstellte ist der konsequente Besuch einer  Hundeschule ein wichtiger Baustein bei der Entwicklung und Sozialisierung der Welpen und Junghunde. Für den Menschen hat die Praxis mit dem Hund in der Hundeschule die vergleichbare Bedeutung von Wasser für einen Nichtschwimmer: Das Lesen von Schwimmstilen befähigt noch nicht zum Schwimmen im Wasser.

Einige Wochen bevor wir unseren Welpen bei der Züchterin abholten, gab es einen Besuchstermin bei ihr.  Die Hündin lebte mit der Familie im Haus und die Welpen wurden bereits durch viele unterschiedliche Gegenstände, Kontakte zu Erwachsenen, Tieren und Kindern, mit unterschiedlichen Geräusche, … auf ihr Leben vorbereitet; ein hervorragendes Fundament für ein Hundeleben. Wenn Hunde beispielsweise in den ersten Lebenswochen menschenfern aufwachsen oder negative Erfahrungen mit ihnen sammeln, ist dieses prägend für das weitere Leben.




Karnevalssamstag zog der Welpe bei uns ein. Die Faschingswagen fuhren mit lauter Musik aus den Lautsprechern an den tollen Tagen an unserem Haus vorbei. Er nahm es gelassen. Mein Erziehungsurlaub war eine schöne Zeit mit Hund und 2 Katzen im Haus, die sich schnell aneinander gewöhnten (Fleischwurst, Tunfisch und Käse leisteten Überzeugungsarbeit für alle Parteien) und harmonisch zusammenleben.

„Bei Wind und Wetter mit dem Hund vor die Türe müssen“, war ein Gedanke vor der Entscheidung zum Hund. Nun war er kein Thema mehr und wurde von „Mal schauen, was wir heute zusammen Interessantes erleben“, ersetzt. Es wurde eine Zeit der Entspannung, eine tägliche Auszeit im Alltag, ideal zum Stressabbau.

Da unser Hund unter die 40/20 Regelung des Landes NRW fällt, (d.h. der Hund ist höher als 40 cm Widerristhöhe und/oder hat mehr als 20kg Masse) war auch ein Sachkundenachweis zu erbringen, ein Test bestehend aus Fragebögen zum Ankreuzen. Die Prüfungsbögen könnten leicht auswendig gelernt werden, entscheidend für die Wesensprägung, sowie das Führen des Hundes ist letztlich aber die angewandte Sachkunde durch den Halter und dessen Verantwortung. Leider bleiben bei der gesetzlichen Sachkunderegelung viele kleine Hunde unberücksichtigt, denn auch sie sind Raubtiere mit den entsprechenden „Waffen“, dem Gebiss.  

Es wird nie langweilig mit unserem Hund, denn er stellte uns immer wieder vor neue Aufgaben. Anfangs war er nicht stubenrein und verfügte auch noch nicht über die Kontrolle seiner Bisskraft; d.h. die Beißhemmung musste erst erlernt werden. Beim Kontakt mit Personen, die den süßen, kleinen Racker streicheln wollten, war dies zu beachten. Kot sowie Urin sollte nur an den geeigneten Orten abgesetzt werden und Einstimmen in den Chorgesang der Nachbarhunde war auch nicht gewünscht. Der Lehrplan war lang, vielfältig und … interessant, denn vieles ist möglich, doch leider nutzen nur wenige Menschen die Vielzahl der Möglichkeiten und Fähigkeiten ihrer Tiere. Hunde beherrschen es hervorragend unsere Mimik und Gestik zu lesen. Dies Fähigkeit kann gut genutzt werden den Hund nonverbal zu führen: „Reden ist Silber, schweigen ist Gold“ paßt.
Hunde sind anders als Arbeitnehmer. Arbeitnehmer tun oft nur das, was der Chef ihnen sagt. Hunde übernehmen automatisch alle Aufgaben, die der Mensch nicht ausübt.

Sie brauchen eine Führung, sonst übernehmen sie diese – nicht nur an der Leine.

Fortsetzung folgt? / !